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			4. Dezember – Das Leben des gerechten Johannes v. Damaskus
			“Also, dein Wunsch hat sich erfüllt, dein Junge überholt mich bereits durch
			 
		
		
			 seine Gelehrtheit und braucht keinen Lehrer mehr. Ich bitte dich, mich jetzt in das
			 
		
		
			 Kloster zu entlassen, um vor meinem Tod die höchste geistliche Weisheit zu erlernen
			 
		
		
			 zur Errettung der Seele. “
			 
		
		
			 Nach dem Weggang von Starez Kosma vergingen einpaar Jahre, dann starb der Vater
			 
		
		
		
		
			 Zu dieser Zeit begann in der Kaiserstadt die Verfolgung der heiligen Ikonen. Auf Befehl
			 
		
		
			 von Kaiser Leo Ißawrjanin wurde jeder, der heilige Ikonen verehrte, der Folter
			 
		
		
			 unterzogen, ins Gefängnis geworfen und mit Verbannung belegt. Die Ikonen selbst
			 
		
		
			 wurden, laut Verfügung, aus den Gotteshäusern getragen und vernichtet. Die
			 
		
		
			 Kaiserlichen Soldaten gingen von Haus zu Haus, sammelten die heiligen Ikonen und
			 
		
		
			 verbrannten sie öffentlich. Klagerufe und Seufzer erhoben sich im gesammten Reich.
			 
		
		
			 Ja, und wie hätte man nicht weinen sollen, da die heiligen Antlitze des Erlösers und der
			 
		
		
			 Mutter Gottes, vor welchen man gewohnt war im Gebet zu stehen, religionslästerlich
			 
		
		
			 und spöttisch dem Feuer übergeben wurden?!
			 
		
		
			 Johann erfuhr bald von der Verfolgung der hl. Ikonen. Mit feuriger Begeisterung
			 
		
		
			 schrieb er einige Sendschreiben zu ihrer Verteidigung. Diese Sendschreiben stärkten
			 
		
		
			 und trösteten die frommen Menschen sehr, aber zur gleichen Zeit verstörten die
			 
		
		
			 Sektanten der Ikonenverwerfer und vor allem Kaiser Lew die Gemüter der Menschen.
			 
		
		
			 ( Wir erinnern hier daran, daß Damaskus in den Händen des arabischen Kalifen, nicht
			 
		
		
			 des byzantinischen Kaisers war.)
			 
		
		
			 Kaiser Lev schäumte vor Wut über Johann und entschloß sich ihn auf die gemeinste
			 
		
		
			 und unehrwürdigste Weise umzubringen. Er befahl einem sogenannten Kaligraphen,
			 
		
		
			 einem Kunstschreiber, die Handschrift von Johann zu erlernen und einen Brief
			 
		
		
			 aufzusetzen, so als wäre er von dessen
			 
		
		
			 Hand, an ihn, Kaiser Leo, geschrieben. Dieser Gefälschte Brief war mit folgenden
			 
		
		
		
		
			 “ Ich mache dir, dem Kaiser und großen christlichen Herrscher und
			 
		
		
			 Beschützer aller Christen bekannt, das unsere Stadt schwach bewacht wird. Wenn du ,
			 
		
		
			 Kaiser deine Krieger schickst, werden sie ohne Mühe Damaskus einnehmen. Ich werde
			 
		
		
			 dir jede Hilfe erweisen, denn ich habe hier alles im Blick. “
			 
		
		
			 Einen weiteren Brief von ihm selbst dem Kaiser, befahl Kaiser Leo dem arabischen
			 
		
		
			 Kalifen nach Damaskus zu übermitteln. In diesem Brief schrieb der Kaiser:
			 
		
		
			 “Ein gewisser Christ, der in deiner Stadt lebt reizt mich zum Krieg gegen dich
			 
		
		
			 auf und verräterisch versprecht er mir seine Hilfe. Damit du an meinen Worten nicht
			 
		
		
			 zweifelst schicke ich dir einen der Briefe dieses Christen. Mache ihn ausfindig und
			 
		
		
			 verfahre mit ihm nach deinem Gutdünken. “
			 
		
		
			 Als dieser Brief dem Damaskinischen Kalifen zugestellt wurde, erkannte er ohne
			 
		
		
			 Mühe die Handschrift von Johannes. Sogleich ließ er nach ihm schicken und zeigte ihm
			 
		
		
			 ohne ein Wort zu sagen den gefälschten Brief. Johann sagte:
			 
		
		
			 “Die Handschrift ist von mir, aber meine Hand hat diesen Brief nicht
			 
		
		
			 geschrieben. Man muß ein schurkischer Mensch sein, um sich zum Verrat an seinem
			 
		
		
			 Herrscher zu entschließen. “ Der Kalif glaubte Johannes nicht und befahl ihm die rechte
			 
		
		
		
		
			 Die abgehauene Hand wurde zur Abschreckung für jeden, der sich desselben
			 
		
		
			 Unterfanges erkühnen wollte, öffentlich auf dem Platz, ausgehängt. Und Johannes, von
			 
		
		 
		
		
		
		
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302
			 4. Dezember – Das Leben des gerechten Johannes v. Damaskus
4. Dezember – Das Leben des gerechten Johannes v. Damaskus
			Unterfanges erkühnen wollte, öffentlich auf dem Platz, ausgehängt. Und Johannes, von
			 
		
		
			 den Schmerzen erschöpft wurde in sein Haus weggeführt. Am Abend, in der
			 
		
		
			 Hoffnung, das sich der Zorn des Kalifen bereits beruhigt hatte, schickte Johannes einen
			 
		
		
			 Diener zu ihm, mit der Bitte um die abgehauene Hand. Als er sie bekommen hatte,
			 
		
		
			 ging er in sein Schlafzimmer, fiel auf die Knie vor der Ikone der Gottesmutter und
			 
		
		
			 begann heiß zu beten und für seine Heilung zu flehen. In der Nacht hatte er ein Gesicht:
			 
		
		
			 Die Gottesmutter erschien, sah mit gütigem Blick auf ihn und er vernahm Ihre Worte: “
			 
		
		
			 Schau, deine Hand ist geheilt! “
			 
		
		
			 Als Johannes vom Schlaf erwacht war stellte er verwundert fest, daß seine
			 
		
		
			 abgehauene Hand wieder angewachsen war. Grenzenlos war die Freude von Johann.
			 
		
		
			 Sein ganzes Haus erfüllte sich mit Jubelrufen. Alle sangen Gott Danklieder. Auch der
			 
		
		
			 Kalif erfuhr von dem Wunder mit Johannes` Hand. Und es tat ihm Leid, daß er so
			 
		
		
			 entehrend und unbedacht mit ihm verfahren war und beschloß ihn zu entschädigen,
			 
		
		
			 indem er ihn zu seinem ersten Berater machte. Aber in Johannes war ein anderer
			 
		
		
			 Gedanke reif geworden, nämlich die Welt mit ihren Eitelkeiten und Beunruhigungen
			 
		
		
			 aufzugeben und in ein Kloster fortzugehen. Wie sehr ihn der Kalif auch zu überreden
			 
		
		
			 bemühte, Johannes blieb unbeugsam.
			 
		
		
			 So wie er nach Hause kam, rief er sogleich seine Verwandten
			 
		
		
			 zusammen, und eröffnete ihnen seine Entscheidung. Seinen Reichtum überließ er ihnen
			 
		
		
			 und befahl allen Sklaven die Freiheit zu geben und jedem soviel Geld zugeben, daß er
			 
		
		
			 ein neues Leben beginnen konnte.
			 
		
		
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			 Sich in die einfachste Bekleidung hüllend, im Beutel lediglich einpaar trockene
			 
		
		
			 Brotfladen mitnehmend, in der Hand einen Wanderstab, trat Johannes am frühen
			 
		
		
			 Morgen als Pilger aus seinem Haus heraus, und schickte sich an nach Jerusalem zu
			 
		
		
			 gehen. Nachdem er sich vor den Heiligen Stätten verneigt hatte, zog er sich jenseits des
			 
		
		
			 Jordans in die Wüste zurück, wo in der Lawra des hl. Saba Mönche ein bußfertiges
			 
		
		
			 Leben führten. Der Igumen erkannte Johannes sofort und freute sich, das ein solcher
			 
		
		
			 Mensch demütig um Aufnahme in die Reihe der Bruderschaft bat.
			 
		
		
			 Aber wer konnte sich erkühnen der Starez und Führer des hochberühmten
			 
		
		
			 Johannes zu sein? Alle lehnten ab. Schließlich aber fand sich doch ein einfacher aber
			 
		
		
			 weiser Starez, der bereit war Johannes in den Gehorsamsdienst zu sich zu nehmen.
			 
		
		
			 Das erste Gebot des Starzen war, nichts nach eigenem Willen zu tun, Gott
			 
		
		
			 anhaltende Gebete darzubringen und unablässig über die eigenen Sünden zu weinen.
			 
		
		
			 Lange Zeit lebte Johannes bei dem Starzen. Sorgsam beachtete er alle seine
			 
		
		
			 Anweisungen und hörte ihm ohne Murren und Widerspruch zu. Und der Starez freute
			 
		
		
			 sich, mit welcher Schnelligkeit Johannes alles durchschritt, bis zur größten und
			 
		
		
			 erhabensten Vollkommenheit.
			 
		
		
			 Einmal wünschte der Starez den Gehorsam und die Demut von Johannes
			 
		
		
			 zu prüfen, sammelte alle Körbe, die sie gemeinsam geflochten hatten und schickte ihn
			 
		
		
			 zum Verkauf der Körbe nach Damaskus.
			 
		
		
			 “ Paß nur auf, sagte der Starez noch, gib sie für keinen geringeren Preis
sagte der Starez noch, gib sie für keinen geringeren Preis
			 
		
		 
		
		
		
		
		
		
			 4. Dezember – Das Leben des gerechten Johannes v. Damaskus
			 
		
		
			 her, als ich bestimmt habe. “ Er hatte den Preis viel höher angesetzt als sie wert waren.
			 
		
		
			 Und Johannes ging ohne ein Wort darüber zu verlieren, daß erstens der Preis
			 
		
		
			 erstens viel zu hoch sei, daß zweitens der Weg weit ist, daß drittens man sie für einen
			 
		
		
			 geringeren Preis in Jerusalem auch verkaufen könnte, und daß es ihm endlich peinlich
			 
		
		
			 ist, mit Körben auf dem Buckel in die Stadt zu gehen, wo ihn alle von seinem früheren
			 
		
		
			 wohlhabenden Leben her kannten. Er sagte lediglich: “Segne, Vater! “ nahm die Körbe
			 
		
		
		
		
			 In Bettlerkleidung lief er über die Plätze und die Staßen von Damaskus, seine
			 
		
		
			 Körbe feilbietend, aber niemand kaufte, sobald er ihren Preis erfuhr.  Man lachte sogar
			 
		
		
			 über ihn und einige sagten: “Bist Du recht bei Verstand einen solchen Preis zu
			 
		
		
			 verlangen? “ Freilich konnte niemand ahnen, daß dieser sonnenverbrannte, verstaubte
			 
		
		
			 und dürre Mönch der Berater des Kalifen, Johannes war. Nur ein einziger Mensch, der
			 
		
		
			 früher Diener bei Johannes gewesen war, betrachtete ihn genauer und erriet wer er sei.
			 
		
		
			 Schmerzlich fühlte sein Herz Mitleid beim Anblick seines früheren Herrn im
			 
		
		
			 Bettleraufzug. Als wüßte er von nichts, trat er zu Johannes heran und kaufte ihm alle
			 
		
		
			 Körbe ab, indem er den Preis zahlte, den Johannes forderte.
			 
		
		
			 Voll Freude kehrte Johannes in das Kloster zurück und fühlte das er einen
			 
		
		
			 Sieg über seine Eigenliebe errungen hatte.
			 
		
		
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			 Aber wie nach dem schönen und warmen Sommer der feuchte Herbst kommt, und
			 
		
		
			 danach der strenge Winter; ebenso wechseln oft Lachen und Freude mit Tränen; so wie
			 
		
		
			 dem Erfolg nicht selten Mißgeschicke folgen, - so mußte Johann, nach dem gut
			 
		
		
			 ausgeführten Auftrag in Damascus, schwere Heimsuchungen erleiden.
			 
		
		
			 Unter den Mönchen jener Lawra, wo Johannes sich betätigte waren zwei Blutsbrüder,
			 
		
		
			 die sehr aneinander hingen. Einer von ihnen nun starb. Der Zurückgebliebene aber
			 
		
		
			 weinte bitterlich über den Entschlafenen. Johannes tröstete ihn, aber sein Gram war so
			 
		
		
			 groß, daß die Worte von Johann machtlos gegen seinen Kummer waren. Da begann
			 
		
		
			 der betrübte Mönch Johannes zu bitten ein Begräbnislied zu schreiben, welches seine
			 
		
		
			 Seele trösten sollte. Johannes erinnerte sich an die Anweisung seines Starzen nichts von
			 
		
		
			 sich aus zu tun und lehnte ab; aber der Mönch flehte ihn mit solcher Beharrlichkeit an
			 
		
		
			 und bat ihn unter so bitteren Tränen, daß er sich nicht enthalten konnte. Der Gram
			 
		
		
			 über den entschlafenen Bruder war so stark, daß er sich auf Johannes übertrug, und er
			 
		
		
			 schrieb ein wundervolles Lied, das bis heute in der Kirche bei Beerdigungen gesungen
			 
		
		
		
		
			 Welches Glück in diesem Leben
			 
		
		
			 Bleibt von irdischer Betrübnis unberührt?
			 
		
		
			 Wessen Erwartung, ist nicht vergebens?
			 
		
		
			 Und wo überhaupt, gibt es einen Glücklichen unter den Menschen?
			 
		
		
			 Alles ist Wahn, alles trügerisch,
			 
		
		
			 Was wir mit Mühe erwarben.
			 
		
		
			 Und welchen irdischen Ruhm gibt es
			 
		
		 
		
		
		
		
		
		
			 4. Dezember – Das Leben des gerechten Johannes v. Damaskus
			 
		
		
			 Der fest bestände, unerschütterlich?
			 
		
		
			 Nein, alles das ist Asche, Spuk, Schatten und Rauch
			 
		
		
			 Alles entschwindet wie aufgewirbelter Staub.
			 
		
		
			 Ungerüstet stehen wir da, ganz kraftlos, angesichts des Todes.
			 
		
		
			 Der Arm des Mächtigen erweist sich als lahm
			 
		
		
			 Der königliche Befehl als nichtig -
			 
		
		
			 Nimm, oh Herr, die Seele deines entschlafenen Knechtes
			 
		
		
			 Auf, in die seligen Wohnungen!
			 
		
		
			 Der Starez war zu dieser Zeit nicht in seiner Zelle gewesen. Als er aber nach Hause kam
			 
		
		
			 hörte er die Stimme von Johannes, und als er eintrat begann er ihn streng
			 
		
		
		
		
			 “Wie denn?, so bald schon hast du dein Gelübte vergessen, anstatt zu weinen
			 
		
		
			 höre ich deine Lieder. . . “ Johannes versuchte seinem Abba den Grund für das Lied zu
			 
		
		
			 erklären und zeigte ihm das von ihm geschriebene Tropar, schließlich fiel er vor ihm
			 
		
		
			 auf die Knie und bat um Verzeihung. Aber der Abba wollte nichts mehr hören und
			 
		
		
			 jagte Johannes von sich fort. Einen ganzen Tag verbrachte Johannes vor der Zelle das
			 
		
		
			 Abbas weinend und klagend und um Verzeihung bittend. Der Starez aber war
			 
		
		
			 unerbittlich. Andere Starzen, die Johannes, wegen seiner Bescheidenheit und seiner
			 
		
		
			 Demut gern hatten baten den Starzen ebenfalls für ihn und sprachen zum Starzen
			 
		
		
		
		
			 “Lege dem Sünder eine Epitemie auf aber entziehe ihm nicht deinen
			 
		
		
			 Umgang, jage ihn nicht von dir fort. “
			 
		
		
			 Der Starez antwortete darauf:
			 
		
		
			 “Wenn Johannes Verzeihung erlangen möchte, dann soll er mit seinen
			 
		
		
			 eigenen Händen allen Müll aus der Lavra fortschaffen.”
			 
		
		
			 Als Johann diese Worte hörte verbitterte er nicht nur nicht, sondern ging mit Freude an
			 
		
		
			 die aufgetragenen Aufgabe.
			 
		
		
			 O, wunderbare Demut des wahrhaftigen Novizen! Als der Abba von der Größe der
			 
		
		
			 Demut von Johannes erfuhr, wurde er in seiner Seele gerührt, eilte zu Johannes hinaus,
			 
		
		
			 umarmte ihn, und küßte dieselben Hände, welche eben noch den Unrat berührt hatten
eben noch den Unrat berührt hatten
			 
		
		
		
		
			 “ O, welch einen Novizen hat mir Christus geschenkt.”
			 
		
		
			 Nach kurzer Zeit erschien dem Starzen in einem nächtlichen Traumgesicht die Allreine
			 
		
		
			 Himmelskönigin selbst und befahl ihm Johann zu erlauben Hymnen und Lobgesänge
			 
		
		
			 für den Herrgott zu verfassen. Von da an flossen tief durchgeistigte Lieder aus der
			 
		
		
		
		
			 Als die beßte Hymne gilt der Osterkanon:
			 
		
		
			 " Auferstehungstag, laßt uns Licht werden, Menschen; Pascha, des
Pascha, des
			 
		
		
			 Herrn Pascha: vom Tode zum Leben und von der Erde zum Himmel führte uns
			 
		
		
			 Christus, das Siegeslied singend."
			 
		
		
			 Die geistliche Atmosphäre welche die Gläubigen während der Osternacht in Jerusalem
			 
		
		
			 in der Auferstehungskirche erfahren, wird aus diesem Kanon heraus spürbar. Der hl.