IMAGE db02.gif

169

27. Juli – Das Leiden des heiligen Großmärtyrers Panteleimon

übergab er nach verschiedenen Qualen verschiedenen Arten des Todes. Der Arzt

Euphrosyn kam oft mit Arzneien in der kaiserlichen Palast des Quälers oder zu ihm

selbst oder zu seinen Höflingen, denn dieser Arzt versorgte den ganzen kaiserlichen

Hof mit Mitteln gegen Krankheiten. Als Euphrosyn zum Kaiser in den Hof, kam

begleitete ihn auch das Kind Pantoleon, der seinem Lehrer folgte undalle staunten

über die Schönheit und den guten Verstand des Kindes Und der Kaiser fragte, als er ihn

sah:

„Woher stammt er, und wessen Sohn ist er?“

Nachdem er die Antwort erhalten hatte, befahl der Kaiser dem Lehrer, das Kind

schneller und so gut wie möglich in aller ärztlichen Kunst zu unterweisen. Er äußerte

den Wunsch, ihn immer bei sich zu haben, damit er würdig vor dem Kaiser auftrete

und ihm diene. Zu dieser Zeit war der Jüngling schon erwachsen geworden.

In diesen Tagen war in Nikomedia ein Priester und Starez (weiser und alter Mann) mit

Namen Ermolaos (siehe sein Leben unter dem 26. Tag des gleichen Monats), der sich

aus Furcht vor den Gottlosen mit einigen Christen in einem kleinen unbedeutenden

Haus verbarg. Der Weg Pantoleons, auf dem er von seinem Hause zu dem Lehrer und

zurück ging, lag neben der Wohnung, in der sich Ermolaos verbarg. Ermolaos, der den

Jüngling oft an seinem Fenster vorübergehen sah, erkannte aus Antlitz und Blick seine

Art. Da er im Geiste sah, daß dieser Jüngling ein auserwähltes Gefäß Gottes sein werde,

ging Ermolaos einmal hinaus, um dem Jüngling zu begegnen und bat ihn, nur eine

ganz kleine Weile zu ihm ins Haus zu kommen. Der bescheidene (sanftmütige) und

gehorsame Jüngling ging in das Haus des Starzen. Nachdem er ihn neben sich gesetzt

hatte, fragte ihn der Starez nach Herkunft und Eltern, nach dem Glauben und nach der

ganzen Art (Bilde) seines Lebens. Der Jüngling erzählte alles ausführlich und berichtete,

daß seine Mutter eine Christin war und gestorben war, sein Vater aber lebe und den

heidnischen Gesetzen gemäß viele Dämonen achte. Und der heilige Ermolaos fragte ihn

so:

„Nun, du gutes Kind! Welcher Seite und welchem Gauben wolltest du angehören dem

väterlichen oder dem mütterlichen?“

Der Jüngling antwortete: „Meine Mutter lehrte mich, als sie noch lebte, ihren Glauben

und ich gewann ihren Glauben lieb. Aber der Vater, als der Stärkere, nötigt mich, die

heidnischen Gesetze zu erfüllen und wünscht, mich in den Palast einzuführen und in die

Reihe der engsten und vornehmen Krieger und Diener des Kaisers zu stellen.“

Der heilige Ermolos fragte wieder: „Aberwelche Lehre lehrt dich dein Lehrer?“

der Jüngling antwortete so: „Die Lehre des Asklepias, des Hypokrats und des Galenos

(berühmte Ärzte des Alterums). Denn so wollte es mein Vater und auch der Lehrer

sagt, daß ich, wenn ich deren Lehre erfasse, jegliche Krankheit der Menschen leicht

heilen können werde.“

In den letzten Worten fand des hl. Ermolaos. einen Einstieg zu einem (seelen-)

nützlichen Gespräch und begann in das Herz des Jünglings wie in gute Erde, den guten

Samen der Worte Gottes zu säen: „Glaube mir, - sprach er- o guter Jüngling, ich sage

dir eine Wahrheit: Die Lehre und die Kunst des Asklep, des Hypokrates und des Galen

sind nichtig und sie können den zu ihnen Flüchtenden wenig helfen. Ja, auch die Götter,

die der Kaiser Maximian, dein Vater und die übrigen Heiden verehren, sind nichtig und

nichts anderes als Fabel und Betrug für Geistesschwache (Unwissende). Der wahre und

IMAGE db02.gif

170

27. Juli – Das Leiden des heiligen Großmärtyrers Panteleimon

allmächtige Gott ist nämlich einer, Jesus Christus. Wenn du an Diesen glaubst, wirst du

jegliche Krankheit allein durch die Anrufung Seines Allreinen Namens heilen. Denn Er

gab Blinden das Augenlicht, Aussätzigen die Reinheit, Tote erweckte Er. Dämonen,

denen sich die Heiden verneigen, trieb er mit einem Wort Menschen aus. Nicht nur Er

selbst, sondern auch Seine Kleider brachten Heilung: denn eine Frau, die 20 Jahre an

Blutfluß gelitten hatte, wurde sogleich,, als sie nur den Saum Seines Gewandes berührt

hatte, geheilt. Aber wer kann umfassend von allen seinen Wundertaten erzählen? Wie

es unmöglich ist, die Sandkörnerdes Meeres, die Sterne des Himmels und die

Tröpfchen des Wasser zu zählen, so unmöglich ist es,die Wunder zu zählen und die

Größe Gottes zu messen. Auch jetzt tröstet Er, Der Seinen Dienern ein starker Helfer

ist, die Betrübten, heilt die Kranken, erlöst von Elend und befreit von allen feindlichen

Übeln, indem er nicht abwartet, um was Er von dem einen oder anderen gebeten wird,

sondern Er kommt den Gebeten und selbst der Regung des Herzens zuvor. Er gibt

auch denen, die Ihn lieben, die Kraft solches zu tun und schickt ihnen die Gabe zu noch

größeren Wundertaten. Schließlich gewährt er das nicht-endende Leben in der ewigen

Herrlichkeit des Himmelreichs. “

Pantoleon glaubte diesen Unterweisungen des hl Ermolaos als der Wahrheit und nahm

sie in sein Herz auf. Mit Freude vertiefte er sie im Geiste und sagte zu dem hl. Starzen:

„Ich hörte viele Male von meiner Mutter und sah oft, wie sie betete und den Gott

anrief, von Dem du mir erzählst.“

Von diesem Tag an ging Pantoleon jeden Tag zu dem Starzen und erquickte sich an

dessen gottgeistigen Gesprächen und festigte sich in der Erkenntnis des wahren Gottes.

Und wenn er von seinem Lehrer Euphrosyn zurückkehrte, dann ging er nicht eher

nach Hause als er nicht den Starzen besucht und von ihm seelennützliche Unterweisung

empfangen hatte.

Einmal geschah es ihm, daß er, als er auf dem Rückweg von dem Lehrer etwas zur

Seite abgebogen war, ein totes Kind fand, das von einer gewaltigen Schwarzotter

gebissen worden war, und die Schwarzotter selbst, die ebendort nahe des Verletzten

lag. Als Pantoleon dies sah, erschrak er zuerst und wich ein wenig aus, aber dann

überlegte er in sich so:

„Jetzt ist die Zeit für mich gekommen, daß ich erprobe und mich überzeuge, ob all das,

was der Starez Ermolaos erzählt, wahr ist.“

Indem er zum Himmel aufblickte sprach er:

„Herr Jesus Christus, ich bin zwar unwürdig, Dich anzurufen, aber wenn du willst, daß

ich dein Knecht werde, so zeige Deine Kraft und mach, daß in Deinem Namen dieses

Kind wieder lebe, die Schwarzotter aber vertrockne.“ Und sogleich stand das Kind

lebendig auf gleichwie als ob es geschlafen habe, die Schwarzotter aber zerplatzte. Da

wandte Pantoleon, der nun vollständig an Christus glaubte, seine leiblichen und

geistigen Augen zum Himmel und lobte Gott mit Freude und Tränen dafür , daß Er ihn

aus der Finsternis zum Licht Seiner Erkenntnis geführt hatte. Schnell ging er zum

heiligen Ermolaos dem Priester, fiel zu seinen ehrbaren Füßen nieder und bat um die

Taufe. Er erzählte ihm von dem Geschehenen, wie das tote Kind lebendig geworden

war durch die Kraft des Namens Jesu Christi und wie die Schwarzotter umgekommen

war, die den Tod verursacht hatte.

Der hl Ermolaos verließ das Haus und ging mit ihm, um die verendete Schwarzotter

IMAGE db02.gif

171

27. Juli – Das Leiden des heiligen Großmärtyrers Panteleimon

anzuschauen und als er sie sah, dankte er Gott für das geschehene Wunder, durch das

er Pantoleon zu Seiner Erkenntnis geführt hatte. Nach Hause zurückgekehrt taufte er

den Jüngling im Namen des Vater und des Sohnes und des Heiligen Geistes und, indem

er in seinem inneren Zimmer die Liturgie vollzog, ließ er ihn teilhaben an den

Göttlichen Geheimnissen (Mysterien, Sakramenten) des Leibes und Blutes Christi.

Nach der Taufe blieb Pantoleon sieben Tage beim Starzen Ermolaos und lernte von den

göttlichen Worten, die er durch den Mund und die Gnade Christi empfing: wie aus

einer Quelle lebendigen Wassers mästete er seine Seele zum Reichtum geistiger

Früchte. Am achten Tag ging er zu sich nach Hause und sein Vater fragte ihn:

„Mein Sohn, wo bist du so viele Tage gewesen? Ich war in Unruhe um deinetwegen.

Der Heilige antwortete:„Mit dem Lehrer war ich beim Kaiser am Hof. Manheilte einen

Kranken, den der Kaiser sehr liebt und ging sieben Tage nicht weg von ihm bis er die

Gesundheit erlangt hatte.“

So sprach der Heilige keine Lüge, sondern teilte ihm in Gestalt eines Gleichnisses (...) die

Wahrheit mit. Im Geist nannte er als Lehrer den hl. Priester Ermolaos, unter dem

kaiserlichen Palast verstand er den inneren Ruheraum, in dem das göttliche Geheimnis

(Mysterium) vollzogen worden war und als Kranken bezeichnete er seine Seele, die der

himmlische Kaiser liebte und die sieben Tage lang geistige Heilung empfangen hatte.

Als er am nächsten Morgen zum Lehrer Euphrosyn kam, fragte ihn dieser: „ Wo

stecktest du so viele Tage?“

„Mein Vater hatte ein Gut gekauft und sandte mich, es zu empfangen, und ich zauderte

nicht während ich alles, was da ist, sorgfältig begutachtete. Denn es war für einem

hohen Preis gekauft.“

Auch dieses sprach er im Gleichnis in Bezug auf die Taufe, die er empfangen hatte und

in Bezug auf die übrigen Geheimnisse (Mysterien) des christlichen Glaubens, die er

kennengelernt hatte und die alle von ungewöhnlichem Wert, der allen Reichtum

überstieg, waren, denn sie waren durch das Blut Christi erworben. Als Euphrosyn die

hörte, stellte er seine Befragung ein. Der selige Pantoleon aber war übererfüllt von der

Gnade Gottes, da er den Schatz des heiligen Glaubens in sich trug. Er sorgte sich sehr

um seinen Vater und wie er ihn aus der Finsternis des Götzenwahns heraus - und hin

zum Licht der Erkenntnis Christ< hinführen könnte und, indem er mit ihm in Weisheit

Gleichnisse und Fragen erörterte, sagte er ihm täglich:

„Vater! warum stehen die Götter, die als Stehende gemacht sind, so wie anfangs

aufgestellt wurden auch bis zum heutigen Tag und setzen sich niemals. Diejenigen aber,

die als Sitzende gemacht wurden, sitzen bis heutigen Tags und stehen niemals auf?“

„Deine Frage ist mir nicht ganz klar - antwortete der Vater - ich weiß selbst nicht, was

darauf zu antworten ist.“

Der Heilige, der dem Vater beständig neue ähnliche Fragen vorlegte, zwang diesen, an

seinen Göttern zu zweifeln und nach und nach die Lüge und Verirrung der

Götzenverehrung zu verstehen. Der Vater hörte schon auf, die Götzen so zu verehren,

wie er sie früher verehrt hatte, als er ihnen täglich vielzahlige Opfer und Verbeugungen

dargebracht hatte. Er begann, sie zu verachten und sich ihnen nicht mehr zu verneigen.

Dieses sehend freute sich Pantoleon, daß er im Vater Zweifel bezüglich der Götzen

geweckt hatte, wenn er es auch nicht geschafft hatte, ihn vollständig von ihnen

abzubringen. Nicht nur einmal wollte Pantoleon die Götzen seines Vaters, deren es im

IMAGE db02.gif

172

27. Juli – Das Leiden des heiligen Großmärtyrers Panteleimon

Haus viele gab, zerschlagen, aber er hielt sich im Zaum, teils um nicht seinen Vater zu

erzürnen, den man den Geboten Gottes gemäß ehren soll, und teils erwartete er, wann

der Vater den wahren Gott erkannt habend sie mit seiner Hand zertrümmern wollte.

Zu jener Zeit brachte man zu Pantoleon einen Blinden, der in folgender Weise um

Heilung bat: „Ich bitte dich inständig, schone mich Erblindeten und des kostbaren

Lichtes Beraubten. Alle Ärzte, welche es in dieser Stadt nur gibt, behandelten mich und

ich empfing von ihnen keinerlei Nutzen, sondern ich ging selbst der letzten Blitze des

Lichtes, die ich sehen konnte, verlustig samt meines ganzen Besitzes. Denn ich wandte

viel auf, um sie zu belohnen, aber anstatt der Heilung erhielt ich von ihnen nur Schaden

und Verlust von Zeit.“

Der Heilige erwiderte ihm: „Wenn du all deine Habe an die Ärzte gegeben hast, von

denen du keinen Nutzen empfingst, womit willst du dann mich entlohnen, wenn du die

Heilung erlangst und sehen wirst.“

„Alles das wenige Letzte, - sagte der Blinde - was ich noch habe, werde ich dir mit

Bereitwilligkeit geben.“

Der Heilige äußerte: „Die Gabe des Sehendwerdens, die für dich das Licht öffnet, möge

dir der Vater der Lichter , der wahre Gott durch mich, seinen unwürdigen Knecht

geben, du aber gib das Versprochene nicht mir sondern verteile es an die Armen.“

Dieses hörend sprach Eustorgios der Vater Pantoleons zu ihm: „Mein Sohn! Entschließe

dich nicht, eine solche Sache zu berühren, die du nicht ausführen kannst, sonst wirst du

verlacht werden. Was kannst du in Wirklichkeit mehr tun als die besseren Ärzte als du,

die ihn behandelten und nicht heilen konnten?“

„Niemand - erwiderte der Heilige - von diesen Ärzten weiß, welches Mittel im

gegebenen Fall angewendet werden muß, wie ich es weiß, denn es ist ein gewaltiger

Unterschied zwischen ihnen und meinem Lehrer, der mit dieses Mittel eröffnete.“ Sein

Vater, der glaubte, daß er von dem Lehrer Euphrosin sprach, bemerkte: „Ich hörte, daß

auch dein Lehrer diesen Blinden behandelte und nichts ausrichten konnte.“

„Warte ein wenig, mein Vater - antwortete Pantoleon - und du wirst die Kraft meiner

Heilung sehen.“ Während dieser Worte berührte er mit den Fingern die Augen des

Blinden und sprach: „Im Namen meines Herrn Jesus Christus, der die Blinden

erleuchtet, werde sehend!“ Sogleich öffneten sich die Augen des Blinden und er fing an

zu sehen. Und in dieser Minute fing der Vater Pantoleons Eustorgios zusammen mit

dem sehend gewordenen Menschen an, an Christus zu glauben, und sie wurden vom

heiligen Priester Ermolaos getauft und erfüllt von großer geistlicher Freude über die

Gnade und Kraft Christi.

Dann begann Eustorgios in seinem Hause alle Götzen zu zerschlagen, wobei ihm sein

Sohn, der hl. Pantoleon, half. Nachdem sie die Götzen in Stücke zerschlagen hatten,

warfen sie die letzteren in eine große Grube und schütteten Erde darüber. Danach lebte

Eustorgios noch eine kurze Zeit und verschied dann zum Herrn. Pantoleon aber, der

zum Erben des ziemlich beträchtlichen väterlichen Vermögens geworden war, gab

sogleich den Sklaven und Sklavinnen die Freiheit, nachdem er sie großzügig entlohnt

hatte. Das Vermögen aber begann er, an die Notleidenden zu verteilen: an die Elenden,

Armen, Witwen und Waisen. Er ging in die Gefängnisse und besuchte alle, die in

Fesseln litten, tröstete sie durch ärztlichen Beistand und Gabe dessen, was sie bedurften.

Auf diese Weise war er ein Arzt nicht nur der Wunden sondern auch der Armut der